Klare Botschaft: Blut im Harn erfordert in jedem Fall eine medizinische Abklärung.
FELDKIRCH. (VN-mm) „Das Wichtigste, das ich Ihnen von diesem Abend mitgeben möchte ist, dass sie sofort zum Arzt gehen, wenn Sie Blut im Harn feststellen.“ Denn: „Wir erleben es immer wieder, dass Patienten das Problem monatelang mit sich herumschleppen. Wenn sie dann doch kommen, kann es mitunter zu spät sein“, unterstrich Primar Andreas Reissigl, Leiter der Urologie im Landeskrankenhaus Bregenz, seine Aussage. Außerdem legte er den Besuchern des MedKonkret-Vortrags das Vermeiden von Risikofaktoren ans Herz. Dazu zählen vor allem Rauchen, zu wenig Flüssigkeit, schlechte Ernährung und ein Mangel an Bewegung.
Deutliches Warnzeichen
Die von den Landeskrankenhäusern gemeinsam mit den VN initiierte neue Gesundheitsplattform MedKonkret kommt an. Andreas Reissigl, der mit Primar Heinz Drexel für das Programm verantwortlich zeichnet, hob als großes Anliegen die Gesundheitsförderung hervor. „MedKonkret will einen Beitrag dazu leisten, Alarmsignale früh genug zu erkennen, um dann rechtzeitig die entsprechenden Maßnahmen einleiten zu können“, betonte er. Die Botschaft zeigt Wirkung. Auch der zweite Vortrag im Panoramasaal des Landeskrankenhauses Feldkirch stieß auf großes Publikumsinteresse. Dabei ging es um Blut im Harn und seine möglichen gesundheitlichen Auswirkungen. „Blut im Harn – Alarm“, so der Titel der Veranstaltung, klinge zwar hart, sei aber nicht übertrieben, merkte Reissigl an. In vielen Fällen stellt dieses Symptom tatsächlich ein Warnzeichen für eine schwere Erkrankung dar. Frühzeitig erkannt stehen die Heilungschancen aber gut.
Die medizinische Bezeichnung für Blut im Harn heißt Hämaturie. Wobei zwischen einer Mikro- und Makrohämaturie unterschieden wird. Bei der Markrohämaturie ist das Blut mit freiem Auge sichtbar, bei der Mikrohämaturie muss ein Teststreifen oder eine Laboranalyse helfen. Eine Harnanalyse per Teststreifen sollte laut Primar Reissigl zusätzlich durch eine Laboruntersuchung abgesichert werden. Übrigens reichen schon minimale Bestandteile an roten Blutkörperchen aus, um den Harn zu färben.
Genaue Ursachenforschung
Wichtig für die ärztliche Abklärung ist die Lokalisation der Blutungsquelle. Ist die erste Harnportion blutig, sitzt die Blutungsquelle vermutlich in der Harnröhre. Ist der gesamte Harn blutig, kommen Nieren oder Harnleiter in Betracht. Ist nur die letzte Portion des Harns blutig, müssen Prostata und Blasenhals untersucht werden. Eine für die Diagnose bedeutende Unterscheidung liegt auch im Schmerzempfinden. „Es gibt eine schmerzlose und schmerzhafte Hämaturie“, erklärte Andreas Reissigl. Schmerzen können von Steinen, Verletzungen, Entzündungen und Tumoren herrühren. Alarmsymptom Nummer eins stellt jedoch die schmerzlose Hämaturie dar, weil meist ein Tumor dahintersteckt. Auch Medikamente können zu Blut im Harn führen. „Deshalb braucht es eine genaue Ursachenforschung“, betonte der Mediziner.
Ausschluss von Tumoren
Deren primäres Ziel ist der Ausschluss von Tumoren im Harntrakt. Erst dann wird nach anderen möglichen Erkrankungen gesucht. Die Diagnosestellung erfolgt unter anderem mittels radiologischer Methoden, also Ultraschall, Computertomografie und MRT sowie Spiegelungen, für die heutzutage feinste Endoskope verwendet werden. Eine neue Möglichkeit hat sich mit der sogenannten photodynamischen Diagnostik aufgetan. Dabei wird die Blase mit einem Farbstoff gefüllt, der Auffälligkeit, die bei einer Blasenspiegelung nicht zu sehen sind, sichtbar macht. „Damit lassen sich beispielsweise Tumore viel früher erkennen“, sagte Reissigl. Besonders häufig kommen Tumore in den Nieren, im Harnleiter, in der Harnröhre und Harnblase sowie in der Prostata vor. Werden sie rechtzeitig entdeckt und adäquat behandelt, liegen die Heilungschancen sehr gut. Die eingangs genannten Schlussworte des Experten haben also ihre Berechtigung.
Fragen aus dem Publikum
Was empfehlen Sie nierensteingeplagten Menschen?
Reissigl: Zuerst: Es kommen zwei Ursachen für die Bildung von Steinen infrage: zu wenig Flüssigkeit und Stoffwechselerkrankungen. Das müsste in jedem Fall genau abgeklärt werden. Außerdem müsste man schauen, was es für Steine sind, denn es gibt verschiedene Steinqualitäten. Als Therapie kämen diätetische Maßnahmen infrage.
Klären das Internisten oder Urologen ab?
Reissigl: Das machen Urologen.
Was bedeutet ein fast klarer Harn?
Reissigl: Die Farbe des Harns hängt von der Flüssigkeitszufuhr ab. Je mehr getrunken wird, umso klarer ist der Harn. Bleibt er jedoch permanent klar, sollte das untersucht werden.
Was lässt sich gegen Karunkel an der Harnröhre unternehmen?
Reissigl: Eine Karunkel ist zwar völlig ungefährlich, führt bei Berührung aber immer wieder zu Blutungen und verschwindet nicht von selbst. Dieses warzenartige Gewächs muss operativ entfernt werden. Das ist jedoch völlig unproblematisch.
Warum können sich bei Blasenkrebs so viele winzige Tumore in der Blase bilden?
Reissigl: Es handelt sich dabei um eine sehr häufige Erscheinung bei Blasenkrebs. Ein Blasentumor entsteht aus der Schleimhaut der Blase, und überall, wo die gleiche Schleimhaut auftritt, kommen diese winzigen Tumore vor.
Kann auch Sport für Blut im Harn verantwortlich sein?
Reissigl: Ja, wenn er sehr exzessiv betrieben wird. Allerdings handelt es sich dann um keine roten Blutkörperchen, sondern um einen Abbau von Farbstoffen aus den Muskeln.
Was kann ich gegen häufige Blasenentzündungen unternehmen?
Reissigl: Häufig wiederkehrende Blasenentzündungen sind ein großes Problem, weil chronische Entzündungen die Ausbildung von Tumoren begünstigen können. Wichtig ist daher, eine Blasenentzündung richtig zu behandeln. Ich würde Ihnen dafür einen Urologen empfehlen.
Stimmt es, dass Milchprodukte die Bildung von Nierensteinen begünstigen?
Reissigl: Das können sie tatsächlich. In Maßen konsumiert spielen sie aber keine Rolle.
Gibt es eine Schrumpfblase?
Reissigl: Ja, die gibt es. Das kann verschiedene Ursachen haben, etwa eine Blasenentzündung, die nicht gut behandelt wurde oder ein Tumor. Wieder vermehrt im Kommen ist die uro-genitale Tuberkulose, die ebenfalls eine Schrumpfblase bedingen kann.
Muss bei einer Blasenspiegelung die Blutverdünnung ausgesetzt werden?
Reissigl: Nein, das wäre nur der Fall, wenn operiert werden müsste.
Alle reden von viel trinken. Wie viel ist richtig, ein Liter, zwei Liter, drei Liter?
Reissigl: Drei Liter sind zu viel. Wir Urologen sind mit eineinhalb Liter täglich zufrieden. Die Flüssigkeitsmenge sollte außerdem dem Alter angepasst werden. Je älter, umso schwerer tut sich das Herz, die Flüssigkeit zu verarbeiten. Für die Nieren ist das kein Problem, es geht ums Herz.
Was soll man trinken, Wasser oder verdünnten Tee?
Reissigl: Es ist beides gut.
Reicht die jährliche Gesundenuntersuchung zur Kontrolle von Blut im Harn?
Reissigl: Ja. Sollte keine Harnuntersuchung dabei sein, sollte diese eingefordert werden.
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